Mediationsanalyse mit explorativem Bezug

Fragen und Diskussionen rund um die Statistik und deren Anwendung.
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Bell5158
Beiträge: 2
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Mediationsanalyse mit explorativem Bezug

Beitrag von Bell5158 »

Hallo,

ich brauche dringend Hilfe bei dem statistischen Vorgehen in meiner Bachelorarbeit.
Mein Thema ist das Glauben an Verschwörungstheorien, wobei der Hauptteil eine Mediationsanalyse beinhaltet und ich zusätzlich einen explorativen Bezug zur COVID-19-Pandemie herstellen wollte.
Ich weiß nun nicht, wie ich die beiden Teile über statistische Auswertungen sinnvoll verknüpfen kann, d.h. wie der explorative Teil sich auch noch etwas auf den Hauptteil mit der Mediation bezieht.

Im Hauptteil geht es um folgende Hypothese:
Personen mit niedriger Ambiguitätstoleranz (AT) glauben stärker an Verschwörungstheorien als Personen mit hoher Ambiguitätstoleranz, wobei Strukturbedürfnis (SB) ein partieller Mediator ist.
Dabei habe ich zwei einfache Mediationsanalysen gerechnet, weil ich zwei verschiedene Ambiguitätstoleranzen (AT gegenüber unlösbaren Problemen sowie Rollenstereotypien) untersuchen wollte. Der Mediator Strukturbedürfnis ist jeweils gleich.
Eine experimentelle Manipulation habe ich nicht vorgenommen, weil ich schauen wollte, ob der Zusammenhang auf einer Komplexitätsreduzierenden Funktion beruht, die AT und SB von der Theorie her gemeinsam haben. AT und SB unterscheiden sich dadurch, dass AT einen inhaltlichen Bereich spezifiziert (unlösbare Probleme und Rollenstereotypien) und SB nicht, allgemeiner konzipiert ist. Deshalb wollte ich schauen, ob der Zusammenhang von AT mit dem Glauben an VT dennoch auf der komplexitätsreduzierenden Funktion beruht.
So viel dazu.


Nun hänge ich an dem explorativen Teil:
Ich habe mir dabei gedacht, dass die Pandemie ja auch eine ambiguitive, d.h. mehrdeutige, verunsichernde, Situation ist, auf die Personen mit geringer AT und hohem SB auf Basis der Theorie mit stärkerer Verunsicherung reagieren würden. Zusätzlich werden ja Verschwörungstheorien auf die Pandemie projiziert (-> Verbindung zu Verschwörungsglaube).

Meine Professorin möchte nun, dass ich prüfe, ob Personen, die die Corona-Pandemie als besonders verunsichernd wahrnehmen, einen stärkeren/anderen durch Strukturbedürfnis mediierten Zusammenhang zwischen Ambiguitätstoleranz und Verschwörungsglauben haben.
Ich habe keine Ahnung, wie ich das umsetzen soll. Es klingt nach einer moderierten Mediation mit der wahrgenommenen Verunsicherung als Moderator. Jedoch hat meine Professorin ausdrücklich gesagt, sie möchte in dem explorativen Teil keine Interferenzstatistik und das würde auch das Bachelorniveau übersteigen.
Meine Idee ist es aktuell, die Korrelationen zu berechnen (d.h. je geringer AT, desto stärker die Wahrnehmung der Pandemie als verunsichernd). Aber irgendwie sehe ich da nicht so die Verbindung zum Verschwörungsglauben außer, dass auf die Pandemie halt Verschwörungstheorien projiziert werden.
Ich könnte auch die Variable "Wahrnehmung der Pandemie als verunsichernd" in zwei Gruppen aufteilen (hohe Verunsicherung vs. niedrige) und dann irgendwie die AT und SB jeweils berücksichtigen. Nur weiß ich erstens nicht, wie ich die Auftrennung dieser metrischen Variable in zwei Gruppen statistisch umsetzen soll und wie ich dann At und SB damit passend in Verbindung setze und abbilde.

Vielleicht kann mir jemand ja weiterhelfen oder hat noch eine andere kreative Idee, wie ich den explorativen Teil passend mit dem Hauptteil verknüpfen kann. Ich würde mich sehr über Ideen oder Tipps freuen :-)

Liebe Grüße!
dutchie
Beiträge: 2762
Registriert: 01.02.2018, 10:45

Re: Mediationsanalyse mit explorativem Bezug

Beitrag von dutchie »

Hallo Bell5158,

zur Übersicht:
deine ursprüngliche Mediation hat drei Variablen:
UV : AT, Ambiguitätstoleranzen
Med: SB, Strukturbedürfnis
AV: GV, Glaube an Verschwörungstheorien

AT und SB hätte man auch vertauschen können, oder?
Weil wenn SB allgemeiner ist...., der Mediator ist eigentlich Konsequenz der UV,
aber das ist bei drei Variablen (in diesem Modell) glaub ich äquivalent.

neu ist jetzt:
VCP, Verunsicherung d. Corona-Pandemie
Bell5158 hat geschrieben:
18.11.2021, 20:06
Meine Professorin möchte nun, dass ich prüfe, ob Personen, die die Corona-Pandemie als besonders verunsichernd wahrnehmen, einen stärkeren/anderen durch Strukturbedürfnis mediierten Zusammenhang zwischen Ambiguitätstoleranz und Verschwörungsglauben haben.
Mir scheint, dass, wenn VCP ein Moderator wäre, müsste der Zusammenhang kleiner werden.
weil VCP mit allen anderen Variablen korreliert.

Mir schient eher plausibel VCP als neue AV anzusehen,
und dann einfach die per Mediation ermittelten Regressionsgewichte vergleichen.
Aber das würde alles verdoppeln! du hättest dann 4 Mediationen,
aber das ginge auf eine Seite, in einem abschließenden Kapitel X.X: "Exploratives"
wenn man auf die sigs verzichtet müsste man auch nicht so viel dazu labern.

Vielleicht langt, wenn du einfach nur korrelierst, du hast ein Kapitel "bivariate Korrelationen"
nimm da einfach VCP mit auf, dann hast du auch den Zusammenhang mit GV, dies plus sigs.

Im übrigen gefällt mir, dass deine Professorin bei Exploration auf die Inferenz verzichten würde,
aber das macht den Aufbau des Ganzen etwas schwieriger, willst du dann bei der Feststellung der Korrelation
von GV und VCP auf die Signifikanz verzichten sollst?, eher nein.

gruß
dutchie
Bell5158
Beiträge: 2
Registriert: 13.11.2021, 14:26

Re: Mediationsanalyse mit explorativem Bezug

Beitrag von Bell5158 »

Hallo dutchie,


erstmal vielen Dank für deine Antwort, deine Vorschläge und Kommentare helfen mir sehr :-)
AT und SB hätte man auch vertauschen können, oder?
Weil wenn SB allgemeiner ist...., der Mediator ist eigentlich Konsequenz der UV,
aber das ist bei drei Variablen (in diesem Modell) glaub ich äquivalent.
Ja, durch das korrelative Design eigentlich schon, aber da es mir darum geht, den Zusammenhang zwischen AT und VG zu erklären (durch eine allgemeine Komplexitäts-reduzierende Funktion, angezeigt durch das allgemeine SB), finde ich es so herum (AT -> SB -> VG) passender.
Aber eigentlich wäre SB -> AT -> VG logischer, ja...
Ich hoffe, die Begründung für die Abfolge AT -> SB -> VG in der Mediationsanalyse ist angesichts des Ziels meiner Arbeit und des korrelativen Designs ok?

Mir schient eher plausibel VCP als neue AV anzusehen,
und dann einfach die per Mediation ermittelten Regressionsgewichte vergleichen.
Das wäre auch eine Idee, so habe ich noch gar nicht gedacht, aber dann wäre die Verbindung zum VG nicht enthalten oder? Ich würde dann für zwei verschiedene abhängige Variablen (VG und VCP) vergleichen...

Vielleicht langt, wenn du einfach nur korrelierst, du hast ein Kapitel "bivariate Korrelationen"
nimm da einfach VCP mit auf, dann hast du auch den Zusammenhang mit GV, dies plus sigs.
Ja, das klingt für einen kleinen explorativen Teil sinnvoll.. Und dann kann ich auch sagen, dass Personen, die einen über SB vermittelten Zusammenhang zwischen AT und VG haben, zb besonders verunsichert sind durch die Pandemie, auf die auch Verschwörungstheorien projiziert werden oder so.. dann hätte ich da die Verbindung zum VG. Oder kann man die bei dem Vorschlag mit den zwei weiteren Mediationsanalysen auch herstellen? Das seh ich gerade nicht..

Macht hier denn auch eine graphische Darstellung Sinn? Streudiagramm zb?


Liebe Grüße!
dutchie
Beiträge: 2762
Registriert: 01.02.2018, 10:45

Re: Mediationsanalyse mit explorativem Bezug

Beitrag von dutchie »

Hallo,
Bell5158 hat geschrieben:
19.11.2021, 18:24
Ich hoffe, die Begründung für die Abfolge AT -> SB -> VG in der Mediationsanalyse ist angesichts des Ziels meiner Arbeit und des korrelativen Designs ok?
Schwierig über AT und SB zu urteilen. Durch das korrelativen Designs sehe ich aber kein Argument
gegeben für SD als Mediator. AT ist eher Vermeidung von Negativem und eher passiv
SB erscheint mir eher als Suchen nach Positiven und eher aktiv, aber ich hab die Skalen gerade nicht vor mir.
Insofern führt eventuell passives Empfinden zu einem aktiven Prozeß der Strukturbildung, sofern das gelingt.
Probier es einfach aus (heimlich) AT als Mediator..
Bell5158 hat geschrieben:
19.11.2021, 18:24
aber dann wäre die Verbindung zum VG nicht enthalten oder?
Du kannst die Modelle vergleichen, z.B. VT ist durch die UVs bedingt und VCP nicht,
und du kannst einfach bivariat VT mit VCP korrelieren.
Bell5158 hat geschrieben:
19.11.2021, 18:24
Oder kann man die bei dem Vorschlag mit den zwei weiteren Mediationsanalysen auch herstellen?
Die Korrelation VT mit VCP muss so wie so rein. Du kannst nur die Korrelation machen
oder Korrelation plus Mediation, die Mediation kann auf den Zusammenhang der zwei AVs nicht verzichten.
Streudiagramm muss bei jeder Korrelation so wie so überprüft werden, langt im Anhang.

Das Problem ist, es geht nicht nur theoriegeleitet, auch bei deiner ursprünglichen primären Mediation
ist auch schon bisschen exploratives gebastel dabei, das ist immer so, es muss ja auch was neues rein.
Wenn man immer nur theoriegeleitet vorgeht, wo ist der Fortschritt? Insofern gibt es meistens
Anteile von beidem...wenn du aber vier Variablen, hast ...je mehr Variablen umso größer der explorative
Anteil. Da könnte man sich vieles vorstellen, z.B ist AT ein Moderator wie aus VCP VG wird.

Das kann alles in die Diskussion! Du bist in deiner BA, aber von Umfang und Komplexität limitiert,
Bell5158 hat geschrieben:
19.11.2021, 18:24
Und dann kann ich auch sagen, dass Personen, die einen über SB vermittelten Zusammenhang zwischen AT und VG haben, zb besonders verunsichert sind durch die Pandemie, auf die auch Verschwörungstheorien projiziert werden oder so
ne, nicht unbedingt, vorsicht, bivariat ist nur bivariat. Obige Aussage braucht ein Modell mit allen vier!
Es kann ja sein, dass die gleich mit VG (GV VT? :lol: ) kommen, unabhängig von der Pandemie und
gar keine Verunsicherung auftritt.... :shock: mega komplex mit vier Variablen.
Davor muss man dich auch schützen in der BA, das kannst du dann machen, wenn du selber einen Lehrstuhl hast.

gruß
dutchie
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