t-Test für einseitige Fragestellung

Fragen und Diskussionen rund um die Arbeit mit SPSS. Für allgemeine Statistik-Themen, die nicht mit SPSS zusammenhängen, bitte das Statistik-Forum nutzen.
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jake2042
Beiträge: 27
Registriert: 21.05.2011, 14:54

t-Test für einseitige Fragestellung

Beitrag von jake2042 »

Hallo zusammen,

angenommen ich habe die Hypothese, dass Männer bei sonst gleichen Bedingungen (Position, Leistung) ein höheres Einkommen beziehen als Frauen (geschlechtsspezifische Diskriminierung).

Wenn ich das Einkommen der Männer mit x und das Einkommen der Frauen mit y kodiere, dann ist:

H1: x > y, H0: x <= y

Also habe ich eine einseitige Hypothese und muss einseitig testen. Angenommen, ich entscheide mich für einen t-Test [1]: Kann ich in SPSS einen t-Test für unabhängige Stichproben bei einseitiger Fragestellung durchführen, oder bin ich in SPSS [2] immer darauf angewiesen, zweiseitig zu testen?

Vielen Dank und viele Grüße
jake2042

[1]
Bitte jetzt nicht diskutieren, ob das der richtige Test ist, oder ob wegen der schiefen Verteilung des Einkommens was parameterfreies (u-Test oder so) besser wäre. Darum geht es mir hier nicht.

[2]
In R zum Beispiel geht das ganz einfach. Wenn ich die Daten aus meiner sav-Datei vorher eingelesen und in spss.daten abgelegt sowie als Testvariable test und als Gruppierungsvariable group habe und ein vorgeschalteter Levene-Test gleiche Varianzen ergibt, dann kann ich testen:

Code: Alles auswählen

t.test(test~group, 
       alternative='greater',
       conf.level=.95, 
       var.equal=TRUE, 
       data=spss.daten)
»greater« bedeutet, dass der Mittelwertunterschied größer als 0 sein soll.
Generalist
Beiträge: 1733
Registriert: 11.03.2010, 22:28

Beitrag von Generalist »

Einseitige Testung ist weder erforderlich noch überhaupt angezeigt.
Ein Großteil aller Forschungshypothesen ist gerichtet, doch führt dies
aus gutem Grund nur selten zu einseitigen Tests. Dies gilt umso mehr,
wenn das vorhandene statistische Verständnis des Anwenders noch
nicht ausreicht, um die sehr einfache mathematische Operation
durchführen zu können, die aus einem "zweiseitigen" p-Wert einen
"einseitigen" p-Wert macht.
Siehe dazu auch http://www.uni-graz.at/ilona.papousek/t ... s/faq.html , FAQ 3 .
drfg2008
Beiträge: 2391
Registriert: 06.02.2011, 19:58

re

Beitrag von drfg2008 »

einseitiger t-Test -> Halbierung des p-Werts
drfg2008
Generalist
Beiträge: 1733
Registriert: 11.03.2010, 22:28

Beitrag von Generalist »

Das ist jeck.
jake2042
Beiträge: 27
Registriert: 21.05.2011, 14:54

Beitrag von jake2042 »

Hallo alle zusammen,

(* Schuppen von den Augen fall*)

natürlich! Da hätte ich selbst drauf kommen sollen (zumal das in jedem besseren Statistikbuch[1] auch so steht).

Mit dem oben angegebenen R-Code lässt sich das übrigens recht schnell und einfach nachprüfen, wenn mit denselben Daten der t-Test einmal mit der Option

Code: Alles auswählen

alternative='greater'
und einmal mit der Option

Code: Alles auswählen

alternative='two.sided'
durchgeführt wird.

@Generalist: Ich bin zwar kein Mathematiker, aber ein paar Dinge über Statistik habe ich (im Rahmen eines Soziologie-Studiums an der Uni Köln) schon gelernt. Also: Ich weiß, was ein Determinationskoeffizient ist und die eine oder andere Varianzanalyse habe ich auch schon durchgeführt. Wenn ich mitten in der Nacht (drei Uhr!) mal ein ziemliches dickes Brett vor dem Kopf habe, ist das doch verzeihbar.

Dass einseitige Testung, wie Du sagst, meistens gar nicht nötig ist, ist richtig. Persönlich halte ich es i.d.R. für besser, Hypothesen ungerichtet zu formulieren (zumal es, zumindest in den Sozialwissenschaften, selten hinreichende theoretische Begründungen für gerichtete Hypothesen gibt), dann zweiseitig zu testen und bei einem signifikanten Ergebnis schließlich zu schauen, in welche Richtung der gefundene Mittelwertunterschied geht. Damit vergibt man sich nichts.[2] Allerdings ging es mir darum nicht.

Der Link ist übrignes gut. Vielen Dank dafür.

Viele Grüße
jake2042

-- Anmerkungen --

[1]
Beispielsweise Borz 2005, 116 bis 119 (Erklärung) und 819 (Tabelle); Clauß/Ebner 1968, 181 bis 184 (Erklärung) und 338/339 (Tabelle); Sahner 1982, 118 bis 123 (Erklärung) und 177 (Tabelle)

[2]
Es ist aber »wissenschaftlich nicht haltbar«, im »Nachhinein, gewissermaßen erst angesichts des gefundenen Ergebnisses[,] aus einer ursprünglich ungerichteten Hypothese eine gerichtete Hypothese zu machen«, wenn ein zweiseitiger Test ein nicht-signifikantes und ein einseitiger ein signifikantes Ergebnis erbrächte. Grundsätzlich gilt:
»Eine Hypothese muss vor einer Untersuchung aufgestellt werden. Eine Modifikation der der Hypothese angesichts der gefundenen Daten und eine gleichzeitige Überprüfung der modifizierten Hypothese an denselben Daten ist unzulässig.«
Beide Zitate stehen direkt untereinander in Borz 2005, 117

-- Literatur --

Borz, Jürgen, (6)2005: Statistik für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer

Clauß, Günter und Heinz Ebner, 1968: Grundlagen der Statistik für Psychologen, Pädagogen und Soziologen. Berlin: Volk und Wissen

Sahner, Heinz, (2)1982: Statistik für Soziologen 2. Schließende Statistik. (= Teubner Studienskripten 23) Stuttgart: Teubner
drfg2008
Beiträge: 2391
Registriert: 06.02.2011, 19:58

re

Beitrag von drfg2008 »

R und SPSS kommen ggf. zu unterschiedlichen einseitigen p-Werten, falls der p-Wert bei SPSS durch 2 dividiert wurde. Je nach Richtung dann

1-p/2
drfg2008
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